Tagsüber ohne – nachts mit: Was so schön einfach klingt, ist problematisch. Warum? Das lässt sich sehr anschaulich anhand eines Wettkampfs erklären, ähnlich wie zwei Gegenspieler beim Armdrücken.
Wettkampf zwischen Kiefer und Spange
Die Akteure sind hier auf der einen Seite die Zahnspange und auf der anderen Seite der Kiefer mit seinen Wachstumskräften. Stell Dir vor, Du schläfst nachts acht Stunden und trägst in dieser Zeit Deine Zahnspange. Für die Zahnspange ist das Wettkampfzeit. In diesen acht Stunden drückt sie die Zähne kräftig in die gewünschte Richtung. Nach dem Schlafen nimmst Du allerdings die Zahnspange wieder heraus. Sie hat jetzt Pause und der Gegenspieler kann 16 Stunden lang seine volle Kraft entfalten. Okay, die ist nicht so groß wie die der Zahnspange, dafür darf sie viel länger ungehindert agieren. Sie drückt den ganzen Tag über in die entgegengesetzte Richtung. Die Zähne bewegen sich also nach und nach wieder in die ursprüngliche Position zurück. Vielleicht nicht vollständig, aber doch zum größten Teil. In der kommenden Nacht kommt die Zahnspange zurück in die Kampfarena. Wenn sie jetzt loslegt, drückt es erst einmal wieder tüchtig an den Zähnen, da die Kieferkraft ja nicht einfach plötzlich nachgibt, sondern nun mit der entgegengesetzten Bewegung durch die Zahnspange kämpft. Am nächsten Morgen fühlt sich die Zahnspange recht gut passend an, der Druck hat nachgelassen. Der Kiefer ist im Laufe der Nacht etwas müde geworden und hat nachgegeben. Die Zähne wurden wieder in die von der Zahnspange gewünschte Richtung bewegt. Du nimmst die Zahnspange morgens heraus, das Spiel geht wieder von vorne los, die Zähne wandern wieder zurück. Auch wenn dies nicht bedeutet, dass die Zähne komplett wieder in die Ausgangsposition zurückwandern, dürfte klar sein, dass die Methode „nur nachts“ nicht gerade als effektiv zu bezeichnen ist.
Na gut, dann etwas länger als nur nachts?
Auch mit etwas längeren Tragezeiten verhält es sich nicht wesentlich anders. Wird die Zahnspange jetzt zum Beispiel zwölf Stunden getragen, ist dies zwar schon eine deutliche Steigerung, aber nicht wirklich ideal: zwölf Stunden gewünschte Bewegung und zwölf Stunden ungewünschte Bewegung. Um Kindern diese Wirkung zu veranschaulichen, darf man hier ruhig einmal von gleichen Kräften sprechen. Denn dann hieße die Antwort auf die Frage „Wer hat gewonnen?“: Keiner, das ist ein Unentschieden. Wie kann denn nun die Zahnspange Sieger eines Wettkampfs werden? Die Antwort fällt den meisten Kindern nicht schwer: „Ich muss sie mindestens 13 Stunden tragen, um zu gewinnen.“ Genau richtig, sage ich ihnen. Beim Armdrücken gibt es wie beim Fußball Meisterschaften. „Und wenn du besonders schnell ans Ziel kommen und am Ende Meister werden willst …“, „…dann muss ich einfach noch mehr Stunden drücken. Und die Zahnspange besonders viel tragen.“ Genau! Jedes Kind weiß, dass am Ende nur der Meister wird, der die meisten Wettkämpfe gewonnen hat.
Viel hilft hier viel
Und tatsächlich funktioniert es genauso am besten. Idealerweise sollte man gerade am Anfang die Zahnspange besonders viel tragen, um einen guten Start zu erzielen. Wenn man dann irgendwann uneinholbar in Führung liegt, kann man es ruhigen Gewissens einmal etwas entspannter angehen lassen.
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