Wissenschaft versus Esoterik
Um diese Frage zu beantworten, müssen wir erst einmal klären, was wir darunter verstehen, denn es gibt viele verschiedene Vorstellungen davon, was „ganzheitlich“ bedeutet. Man bringt den Begriff in Verbindung mit alternativmedizinischen oder esoterischen Behandlungsmethoden. Das hat oft mit nichts zu tun mit einer wirksamen und sinnvollen Behandlung. Ich will nicht in Abrede stellen, dass auch manches nicht-schulmedizinische Wissen helfen kann und natürlich ist nicht alles davon ablehnenswert. Erwiesen ist jedoch, dass die Behandlung auf der Basis wissenschaftlicher Methoden vorzuziehen ist. Was ausreichend erforscht ist, führt zu wiederkehrenden, bzw. reproduzierbaren Ergebnissen. Du möchtest sicher auch, dass sich das gute Ergebnis der Zahnspange Deines ersten Kindes auch beim zweiten Kind mit seiner Zahnspange wiedereinstellt. Die Behandlung sollte weder für Eltern noch für Kinder eine Glückssache sein.
Was bedeutet ganzheitlich?
„Ganzheitlich“ kann man aber auch ganz einfach verstehen als „über die Zähne hinaus gedacht“. Das Fachgebiet „Kieferorthopädie“ weist in seinem Namen schon darauf hin, dass es nicht nur um die Zähne geht, sondern um den Kiefer und letztlich um alle Strukturen rund um die Zähne. Zähne brauchen wir zum Abbeißen und Kauen, die Kiefer, um Bewegungen auszuführen. Sie sind ganz normale Knochen, die mit Gelenken und Muskeln verbunden sind und wie alle anderen Knochen auch funktionieren. Ist hier etwas gestört, haben wir es mit Kopfschmerzen, Kiefergelenksknacken, Kieferverspannungen oder mit Nackenbeschwerden zu tun. Ja, auch der Nacken gehört zum erweiterten Gebiet der Kieferorthopädie. Viele Probleme, die im Nacken ihren Ursprung haben, schlagen sich im Kopf- und Kieferbereich nieder und umgekehrt.
Den ganzen Körper im Blick haben
Betrachten wir nun den gesamten Körper, dann machen uns folgende Szenarien sehr deutlich, wie stark alles miteinander verbunden ist: Ist eines Deiner Beine zu kurz oder eine Hüfte schief, versucht der Körper das auszugleichen, damit letztlich Dein Kopf gerade sitzt, die Augen parallel stehen und Du eine gute visuelle Orientierung hast. Ebenso gut müssen alle Muskeln von der Ferse bis zu den Ohren aufeinander abgestimmt sein. Alles muss perfekt zusammenspielen, wenn es keine Probleme geben soll. Und die können durchaus auch vom Kiefer ausgehen.
Beispiel Kreuzbiss
Hat ein Kind zum Beispiel einen schiefen Biss, einen sogenannten Kreuzbiss, dann kommt es zu ungleichen Muskelaktivitäten auf beiden Seiten des Kiefers und des gesamten Gesichts. Das führt dazu, dass der Nacken schief wird, was die Wirbelsäule versucht auszugleichen. Das wiederum kann zu Beschwerden im Bereich der Hüfte, der Knie oder anderswo führen. Das muss nicht immer so sein, oft gelingt es dem Körper auch auf dem langen Weg zwischen Kopf und Füßen, Abweichungen so zu kompensieren, dass es nicht weiter auffällt. Aber es wäre fahrlässig, diese möglichen Folgeerscheinungen nicht in Betracht zu ziehen. Hat jemand einen schiefen Kiefer, einen großen Vorbiss oder irgendeine andere Fehlstellung, ist es unbedingt nötig, die umliegenden Strukturen ebenfalls zu untersuchen und sicherzustellen, dass dort alles in Ordnung ist und ein Problem nicht durch falsche oder Nicht-Behandlung fest verankert wird.
HINWEIS: Dieser Blog dient ausschliesslich der Patienteninformation, um aktuell gängige kieferorthopädische Behandlungen und Konzepte verständlich zu machen. Es ist kein Ort, um alternative Behandlungsmöglichkeiten online zu diskutieren. Er ist ebensowenig dafür erstellt, in Kommentaren beschriebene Fälle zu diagnostizieren, zu bewerten oder Behandlungspläne für Leser auszuwählen. Wir bitten um Verständnis dafür, dass es bei Zehntausenden von Lesern jeden Monat leider nicht möglich ist, auf alle Fragen und Kommentare zu antworten. Bitte lies deshalb die Kommentare, die mit jedem Artikel verbunden sind. Oft werden wiederholt ähnliche Fragen gestellt, die an anderer Stelle bereits beantwortet wurden. Die hier veröffentlichten Meinungen und Informationen sind urheberrechtlich geschützt und können nur mit schriftlicher Genehmigung des Autors und gegen eine zu vereinbarende Lizenzgebühr verwendet werden.