Im vorherigen Beitrag habe ich anhand eines Wettkampfs gezeigt, warum die Dauer des Drucks, den eine Zahnspange ausübt, entscheidend ist, damit sie den Kiefer bewegen kann. Wohlgemerkt – den Kiefer, nicht die Zähne.
Die Lose fürs Grobe
Lose Zahnspangen werden in der Regel nicht für Feineinstellungen an Zähnen verwendet werden, sondern eher für grobe Arbeiten, wie Platz schaffen, die Kiefer umformen oder die Position der Kiefer zueinander verbessern. Das bedeutet nicht, dass es unmöglich ist, damit auch die Zähne einzustellen. Aber die Genauigkeit ist einfach nicht so groß.
Wenn es um wirklich genaue Zahneinstellungen geht, reicht die lose Spange in der Regel nicht. Das liegt daran, dass mit der losen Zahnspange aufgrund ihrer Konstruktion bestimmte Bewegungen gar nicht möglich sind. Das Auf-und-ab-Bewegen, also eine vertikale Bewegungsrichtung, ist kaum bis gar nicht möglich, da die Zähne mit einer losen Spange nur schlecht gefasst werden können. Am besten funktioniert das Nach-außen-Schieben von Zähnen, eine Bewegung, die Platz im Kiefer schafft. Der Kiefer wird breiter und nach vorne hin länger.
Der Nachteil
Aber auch hier gibt es wieder einen nicht zu übersehenden Nachteil. Die lose Zahnspange greift ausschließlich an der Zahnkrone der Zähne an, die Wurzeln lassen sich damit nicht kontrolliert bewegen. Das bedeutet, dass die Wurzeln im Prinzip an der alten Stelle stecken bleiben und sich nur die Zahnkronen bewegen. Der Zahn kippt also. Er neigt sich lediglich in die gewünschte Richtung, bewegt sich aber nicht vollständig. Das ist bei festen Zahnspangen anders. Der Angriffspunkt ist auch hier im Bereich der Krone. Mit Angriffspunkt meine ich das Bracket. Doch Halterung, Bracket und Bögen wirken bei der festen Zahnspange wie eine Einheit zusammen. Dadurch entsteht dann doch eine dreidimensionale Bewegung, die den gesamten Zahn bewegt, Krone und Wurzel. Den losen Zahnspangen fehlt eine Art Griff oder Henkel an der Zahnkrone, so etwas wie bei einer Tasse. Daher kann diese Zahnspange nicht alles leisten, was eine feste Zahnspange kann.
Präzision in Prozenten
Besonders bei leichten Fehlstellungen geht es aber um große Präzision. Die Stellung eines Zahns von 50 Prozent des Ideals auf 80 Prozent zu verbessern, erfordert oft weniger Präzision, als eine Fehlstellung von 95 Prozent auf 99 Prozent zu verbessern. Obwohl doch im ersten Fall der Schritt viel größer ist, nämlich 30 Prozent, im Gegensatz zu nur 4 Prozent im zweiten Fall. Das verstehen Schüler sehr leicht, wenn man den Vorgang mit Noten vergleicht: Von Fünf auf eine Drei zu kommen ist oft einfacher, als von einer Zwei auf eine Eins. Und genau da sind die Unterschiede zwischen der losen und der festen Spange. Die lose Zahnspange kann diese Verbesserung von 50 Prozent auf 80 Prozent prima schaffen. Aber auf keinen Fall die von 95 Prozent auf 99 Prozent. Dann leuchtet auch ein, dass es manchmal sinnvoller, schneller und günstiger sein kann, in einem Schritt von 50 Prozent auf 99 Prozent zu gehen. Mit nur einer Zahnspange – der festen.
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